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Zwei Nachträge zu einem häßlichen Ereignis

Was am 10.April 2002 vor dem Veranstaltungslokal KATO in Kreuzberg und vor und im Restaurant Orlando in Neukölln passiert ist, bedarf keines dokumentierenden Nachtrags. Inzwischen kann man die Fakten in der taz nachlesen. Sogar im Netzwerk Indymedia, dem intimen Tagebuch einer Szene, die nichts lieber tut, als mit ausgewiesenen Antisemiten und antiimperialistischen Banden darüber zu diskutieren, ob man die BAHAMAS mit Desinteresse strafen oder ihren Redakteuren „aufs Maul geben“ solle, stehen mehrere zutreffende Berichte. Zwei Nachträge grundsätzlicher Natur allerdings sind dringend nötig.

I.  In Zeiten, in denen Israel seine staatliche Existenz und damit das Überleben seiner Bürger gegen den palästinensischen Terror täglich unter großen Opfern verteidigt, in denen die italienische Linke antiisraelische Fackelzüge rund um das frühere Getto Roms, das auch heute noch vorwiegend von Juden bewohnt wird, veranstaltet, in Frankreich Angehörige der islamischen Minderheit, ideologisch legitimiert von den gar nicht islamischen französischen Linken und Intellektuellen, Synagogen und jüdische Einrichtungen abfackeln und der islamische Faschismus in Djerba sein Fanal zur Vertreibung der letzten dort noch lebenden Juden gesetzt hat, in solchen Zeiten sollte man seine Worte mit Bedacht setzen, auch nach einem Überfall wie dem vom 10.04.2002.

Der Überfall am 10.04.2002 war kein antisemitischer Überfall, wie es etliche Gruppen und Einzelpersonen in durchaus guter Absicht verlautbart haben.  Die Täter waren Antisemiten, keine Frage, aber weder Kato noch Orlando sind jüdische Einrichtungen und deutsche oder palästinensische Volkstumsspezialisten wissen sehr wohl zwischen Leuten, die auf eine Veranstaltung für Israel gehen, und Juden zu unterscheiden. Der Überfall war zum Glück auch nicht der Aufmarsch des Berliner Bündnisses für ein freies Palästina, das bekanntlich von der Hamas bis zur FDP alles einigt, was aktuell sein deutsches Maul aufreißt. Es waren ungefähr 20 brandgefährliche Schläger und das ist noch keine „Menge“, wie etwa Kai L. Riemen in Indymedia schreibt. Es handelte sich zunächst einmal nur um das, was die Anstifter von der maoistischen RIM und vom trotzkistischen Linksruck als revolutionäre Massen herbeihalluzinieren. Kein Grund zur Entwarnung, aber auch kein Grund, die Lage so zu schildern, als habe man sich am Abend des 10.04. in der gleichen Lage befunden wie die Besucher der Kreuzberger Synagoge oder der Neuköllner KPD-Zentrale am Abend des 30.01.1933. Um es mit den Worten eines Referenten der Veranstaltung zu beschreiben: „ein bißchen faschistisch“ ging es schon zu, im und vor dem Orlando.

II.Die heutige Veranstaltung findet nicht im Kato, sondern in einem weit entfernten, durchaus kiezfremden Gemeindehaus statt. Hier haben zusammengewirkt die völlig berechtigte Sorge um die persönliche Sicherheit von Esther Schapira und der Unwille der Betreiber des Katos, sich den erpresserischen Zumutungen anonymer Kiezmilizen zu widersetzen. Das Kato ist seinem eigenen Selbstverständnis nach Teil einer sogenannten linken Infrastruktur in Kreuzberg und das letzte größere „linke“ Veranstaltungslokal im Bezirk. Was diese linke Infrastruktur ihrem Wesen nach ist, wissen wir spätestens seit heute: genau das, was auf den ehemals besetzten Häusern in Friedrichshain geschrieben steht, nämlich eine „zionistenfreie Zone“. Wenn die BAHAMAS vor einem unheimlichen Aufmarsch warnt, dann ist das genau dieses perfide Zusammenspiel zwischen den Taten einiger Schläger und dem israelfeindlichen Kiezgewissen, wie es etwa im Kato zu Hause ist.

Wenn man nämlich nur wollte, dann könnte man das Kato oder andere Lokale schon schützen, auch ohne Polizei. Einen solchen Schutz aber gibt es nicht für Leute, die zur Solidarität mit Israel aufrufen. Wer würde sich schon mit Antideutschen, gar mit „Zionisten“ gemein machen?

Die Linke bemüht sich nämlich um Mäßigung und Ausgewogenheit, so hat es auch einer der Betreiber des Katos gegenüber der BAHAMAS zu verstehen gegeben. Der Ankündigungstext sei nämlich einseitig und provokativ. Soll heißen: Wer über den „Nahost-Konflikt“, wie man den Kampf Israels um seine Existenz  gerne neutral bezeichnet, in der linken Szene diskutieren will, für den gelten die gleichen Regeln wie im öffentlichrechtlichen Fernsehen. Er muß zunächst bei der PFLP oder einer anderen einschlägigen Volkspartei um die Bereitstellung des zuständigen Jubelpalästinensers nachsuchen. Dann muß mindestens ein garantiert neutraler Bericht über die soziale Lage in den Autonomiegebieten bei den Wahlpalästinensern der Dritte-Welt-Initiative BAOBAB bestellt werden, damit klar ist, daß Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit zum Selbstmordattentat führt und Israel irgendwie selber schuld ist. Zuletzt wäre es noch wünschenswert, einen Islamwissenschaftler oder Orientalisten von der Uni nachzufragen, deren Job es hierzulande bekanntlich ist, die Friedfertigkeit und sprichwörtliche Toleranz des Islam kraft streng wissenschaftlicher Kompetenz zu betonen. Wenn die Ausgewogenheit dann so weit hergestellt ist, spricht auch nichts mehr dagegen, großzügig auszurufen: Natürlich hat Israel ein Existenzrecht – sowieso.

Der Konsens der Linken ist immer da zu finden wo die Ausgewogenheiten der Israelfreunde und die der Israelfeinde sich überschneiden. Dabei gehört es natürlich zur linken Toleranz, daß die Bundesgenossen des Dschihad, wie kürzlich Linksruck, im Kato einziehen. Und, daß die Antiimperialistische Koordination aus Österreich, die das Bündnis mit Islamisten sucht und in Wien bereits mit Neonazis demonstrier hat, am Samstag, den 13. April 2002, auf einer Veranstaltung mit dem Titel „Pespektiven für Palästina“ reden wird, die Veranstaltung findet im Versammlungsraum des Mehringhofs statt.

 

Redaktion-Bahamas (12.4.02)

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