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Vortrag und Diskussion in Jena

Donnerstag, 19. Januar 2017, 19:00 Uhr
HS 7, Carl-Zeiß-Str. 3, Universität Jena

Die Volkspartei des gesunden Menschenverstandes

Kritik der AfD und ihrer Gegner

mit David Schneider und Mario Möller

Bundesjustizminister Heiko Maas, der vom Lifestyle-Magazin GQ wegen seiner „ausnahmslos perfekt“ sitzenden Anzüge 2016 zum bestangezogenen Mann in Deutschland gekürt wurde, steht nicht nur stilistisch für das bessere Deutschland. Auch seine Ansprache adressiert im ausnahmslos perfekt sitzenden neudeutschen Jargon diejenigen Landsleute, die als Werbeträger für ein unverkrampftes Deutschland gefragt sind: „Bleiben wir ein modernes und weltoffenes Land, oder werden wir eine Nation verkniffener Spießer, die ihr Heil in der Vergangenheit sucht?“

Die nationale Schicksalsfrage, die Maas via Spiegel Online ans Volk gerichtet hatte, ist im Thüringischen Jena längst beantwortet. Der Klassenprimus des Ostens gilt als eine Hochburg der Einheitsfront von Bewegungs- und Staatsantifa. Laut Selbstauskunft der lokalen Kämpfer gegen den Rechtsextremismus wird Jena nicht nur so standhaft verteidigt wie einst das von Ernst Busch besungene „Rote Madrid“, sondern strahlt gleichsam quasitherapeutisch aufs ganze Land, nämlich als „ein Ort, von dem Ermutigung ausgeht“, denn oft sei es gelungen, „Naziaufmärsche aus unserer Stadt fernzuhalten. […] Jenaer Erfahrungen im Kampf gegen den Rechtsextremismus sind in vielen Teilen der Bundesrepublik gefragt und werden geschätzt“.

Beflügelt vom Aktionsstolz, der in solchen heimatverbundenen Bewerbungsschreiben für das eigene Kaff zum Ausdruck kommt, und der Gewissheit, das Demonstrationsrecht jederzeit aushebeln zu können, gelang es, mit „tausende[n] Menschen und bunte[n] Protestaktionen“ eine angemeldete Demonstration der AfD einzukesseln und unmissverständlich klarzustellen, dass „die Zuschreibung ‚Bunt, Tolerant und Weltoffen’ für unsere Stadt mehr als eine Image-Kampagne“ ist: nämlich Klammer des Gemeinschaftsgeistes der „engagierte[n] Menschen“ im „akademischen Jena“ gegen das zum Feindbild erklärte ehemals proletarische Umland, für das nach gängiger Lesart nicht nur bei Heiko Maas die AfD und deren Wähler, die verkniffenen Spießer, stehen.

Es sind keine intellektuellen Höchstleistungen vonnöten, um zu erkennen, dass die AfD nicht wegen ihrer ideologischen Ausrichtung oder einfach deswegen angegriffen wird, weil sie darauf zielt, notorischen Futterneidern die miesesten Instinkte zu entlocken. Das Establishment der Berliner Republik bekämpft im Schulterschluss mit der Antifa die AfD als Partei der Ewiggestrigen und Abgehangenen, die beim permanenten Flottmachen im Dienste des Kapitals als potentielle Hemmnisse beunruhigen. Die Zurückgebliebenheit der Krethis und Plethis aus entvölkerten Landkreisen wird zum Anlass genommen, ganz Deutschland auf Trab zu bringen: Wenn ihr euch „physisch, ökonomisch und zeitgeistig“ nicht anstrengt, endet ihr wie die Loser von der AfD, so die unverhohlene Botschaft.

Der sogenannte kleine Mann firmierte hierzulande bis auf wenige Ausnahmen − man denke an Wilhelm Reichs „Rede an den kleinen Mann“ oder Hans Magnus Enzensbergers Gedicht gegen den „mann in der trambahn“ – stets als heiß umworbene Schwungmasse aller politischen Fraktionen und insbesondere für die Linken als potentieller Verbündeter, von dessen Hässlichkeit man nichts wissen wollte. Das scheint sich zu ändern, der kleine Mann und die kleine Frau werden längst nicht mehr nur umschmeichelt, sondern ziehen zunehmend die Ungeduld und den Zorn der modernen und weltoffenen Deutschen auf sich. Der Widerspruch gegen die bornierte Aggressivität der kleinen Männer und Frauen auf dem Wutbürgertrip ist dabei mitunter so autoritär wie deren Gestus des gesunden Menschenverstandes.

Gegen die AfD, die als Partei der kleinen Männer und Frauen triumphiert, hat sich der bessere Teil der Landsleute zur Antifaschistischen Aktion Deutschland zusammengeschlossen und führt sich seit Monaten auf, als bestünde die Gefahr, dass man morgen schon gegen den aufziehenden Faschismus an die Gewehre müsste. Was beim ganzen Nazipopanz jedoch auf der Strecke bleibt, ist eine einigermaßen realistische Einschätzung der neuen Problempartei. Ihr Erfolg basiert darauf, dass sie den in der infantilisierten Gesellschaft sich ausbreitenden Typus des streitsüchtigen und zunehmend enthemmt agierenden Narzissten mit den passenden Sprüchen im Glauben bestärkt, zu den betrogenen Durchblickern zu zählen.

Ihre größte Fanbase hat die AfD nach wie vor im Osten, wo das Bedürfnis, konformistisch zu rebellieren, besonders hoch ist und wo anscheinend mehr Menschen leben, die sich nicht einmal dafür schämen, öffentlichen Veranstaltungen beizuwohnen, auf denen ein schrulliger Gymnasiallehrer wie Björn Höcke sich in abstrusen Biologismen und peinlich komischem Männlichkeitskitsch ergeht.

Im Osten wetteifert die AfD mit der Linkspartei um das volksnaheste Heimatschutzprogramm und hat gegenüber der parteipolitischen Konkurrenz den Vorteil, den fremdenscheuen Ossi mit Ausländer-Raus-Sprüchen umschmeicheln zu können, ohne parteiintern Widerspruch zu provozieren.

Zum Lieblingsfeind der modernen Deutschen wurde die AfD jedoch, weil sie den Islam nicht ausnahmslos als beglückende Bereicherung betrachtet, sondern auf die Scheußlichkeiten hinweist, die die islamistischen Propagandisten und politisierenden Moslems in ihren Einflussbereichen anrichten. Würden die im Bundestag vertretenen Parteien unterdessen den Islam nicht in fortgeschritten realitätsverleugnender Weise andauernd schönreden, dann wäre die AfD nicht so stark wie sie es aktuell ist – denn dann könnte die Partei nicht damit auftrumpfen, die einzige zu sein, die zum Islam zuweilen nicht nur die übliche Portion zynischen Kulturrelativismus abliefert.

Veranstaltet von der Association Pomme de Terre

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