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Jena, Mittwoch, 18. April, 19:00 Uhr

Universität Jena, Carl-Zeiss-Str. 3, HS 8

 

Nur Ein Stück Stoff

Zum Verhältnis von Religionskritik und Islamkritik anhand des Kopftuchs

 

Mit Thomas Maul (Berlin)

 

Im September letzten Jahres avancierte ein Papstbesuch dem religionskritischen Protestlager Thüringens zur „Feier einer zutiefst reaktionären und menschenfeindlichen Ideologie“ (1). Ausgerechnet in Zeiten, in denen die Kirchenaustritte Höchstwerte erreichen und die Macht dieser Institution in Europa längst gebrochen ist, sich der Katholizismus also auf einem fulminanten Rückzug befindet, wird seinem Oberhaupt z.B. von Alan Posener „ein Feldzug gegen die Errungenschaften der Moderne“ angedichtet. Nur aufgrund solcher Realitätsverweigerung  eignet sich Benedikt als vereinigendes Feindbild für Leute wie Posener und seine (häufig linken) Adepten, deren Verfolgungssehnsucht sich zunächst als allgemeine Religionsfeindschaft Bahn bricht. Bevorzugtes Ziel dieser Agitation ist ausgerechnet jene Religion, die in Europa als Statthalterin der Sehnsucht nach einem besseren als dem tatsächlichen Leben im irdischen Jammertal und damit als Stichwortgeberin für die Aufklärung fungierte. Jener Religion also, in deren Einflussbereich sich die doppelt freie Arbeitskraft und damit das Individuum, wenn auch nur in die bornierte Subjektform gebannt, als Rechtsgut entwickelten, werden so schwerwiegende Vorwürfe gemacht wie dieser: „Die katholische Kirche, als weltgrößter Männerbund, hat sich seit je her der sexuellen Selbstbestimmung der Menschen in den Weg gestellt und propagiert ein patriarchales und sexistisches Familienkonzept, das Frauen auf die ihnen zugeschriebene Rolle williger Gebärmaschinen reduziert“.

Was, wäre es als historische Beschreibung gemeint, womöglich noch einen Funken Wahrheit enthielte, trifft im 21. Jahrhundert jedoch insbesondere auf den Islam zu. Alles andere als ein harmloses, unpolitisches Ritual hat er in seinem Einflussgebiet nicht nur die Entstehung selbst bornierter Subjektivität schlicht verhindert; heute bekämpft er dieselbe und jeden Anschein von Individualität als seine größte Bedrohung. Das Kopftuch ist dabei nicht nur Symbol des großen Djihads gegen die eigene „Triebseele“ wie des kleinen Djihads gegen die äußeren Feinde (Juden, Westler, Homosexuelle, etc.), sondern auch materielles Herrschaftswerkzeug phallozentrisch-patriarchaler Sexualpolitik. Naheliegend, dass Teile des bürgerlichen Feminismus – wie z.B. Alice Schwarzer oder der Zentralrat der Ex-Muslime – die „kopftuchfreie Schule“ – ein Kopftuchverbot also nicht nur für Lehrerinnen, sondern auch für Schülerinnen –  als effektive Maßnahme gegen Islamismus und für Integration ins öffentliche Gespräch gebracht haben. Wenig überraschend, dass diese Parteinahme für die „politische Emanzipation“ (Marx) unter Linken auf wenig Gegenliebe stößt. In ihren dummen, mitunter noch antirassistisch aufgeladenen Verweisen auf die Religionsfreiheit und/oder die Freiwilligkeit sogenannter selbstbewusster Kopftuchträgerinnen agieren sie als Bewahrer des Status Quo. Dass gerade letztere – also auch muslimische Täterinnen – Teil des Problems sein könnten, dass die bürgerliche Religionsfreiheit nicht nur freie Religionsausübung, sondern auch Freiheit von Religion meint, und damit bereits ein säkularisiertes Verständnis von Religion als Privatschrulle voraussetzt, kann ihnen gar nicht in den Sinn kommen. Denn sie können Islamkritik nur als Religionskritik und Religionskritik nur noch als atheistisches Ressentiment denken und wie viele paternalistische Islamkritiker wollen sie von der aktiven und herrschaftsausübenden Rolle von Frauen unter grüner Flagge nichts wissen.

 

!) Nicht anderweitig ausgewiesene Zitate sind dem Aufruf gegen den Pabstbesuch des Bündnisses „Heidenspaß statt Höllenangst“ entnommen

 

http://associationpdt.wordpress.com/

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